45 Jahre später sind noch viele Erinnerungen geblieben / Das Inferno in der Heide –  nach vielen Jahren ein gemeinsames Treffen

Siegen / Celle / Habighorst.

Bei den verheerenden Waldbränden im Sommer 1975 sind weite Teile der Heide vernichtet worden. Die großen Hitzefeuer haben nicht nur die Arbeit von Jahren vernichtet, sondern auch Mensch und Tier das Leben gekostet. Die Waldbrandkatastrophe, die vor 45 Jahren Teile der Lüneburger Heide vernichtet hat, ist bei den beiden Siegerländer Bundeswehrsoldaten in deutlicher Erinnerung geblieben. Gunter Schelges aus Kreuztal-Littfeld und Heinrich Bruch aus Netphen-Irmgarteichen waren 1975 bei den Löscharbeiten dabei. Sie erlebten das Inferno in der Heide. Jetzt gab es nach 45 Jahren ein gemeinsames Treffen.

Wie vom Himmel gefallen“ sei das Feuer, erinnert sich Heinrich Bruch an den Ausspruch eines Bauern aus der kleinen Ortschaft Habighorst.

So hatte es seit Mitte Mai 1975 keine nennenswerten Niederschläge mehr gegeben. Die hohe tägliche Verdunstung  sowie die vorherrschenden Winde  aus östlichen Richtungen kennzeichneten seit Wochen die Wetterlage und wurde nicht zuletzt durch die klimatischen Verhältnisse begünstigt. Besonders anfällig gegen Funkenflug waren dabei die Kiefer – und Fichten – Monokulturen. Auf Grund ihres hohen Harzgehaltes in der Rinde gaben sie dem Feuer gute Nahrung. Sie schufen eine extrem hohe Branddisposition der Wälder, wie es in der Fachsprache heißt. Kenner der Szene und Gefahren hatten lange auf diese Umstände hingewiesen. Ihre Warnungen waren keineswegs auf taube Ohren gestoßen. Doch mit solch einer Wut und Wucht hatte niemand gerechnet. Die Feuerwehren waren schon vorgewarnt, so hatten bereits in den letzten Wochen verstärkt Waldbrandkontrollen stattgefunden.

Vom 8. Bis 12. August 1975 entwickelten sich fünf Flächenbrände zu Grossbränden, die Zeitweise kaum zu stoppen waren.

  • Freitag, 8.August, im Landkreis Gifhorn ( Raum Stüdex –  Grussendorf – Neudorf / Platendorf )
  • Samstag, 9. August, Landkreis Celle ( Raum Unterlüss – Schmarbeck)
  • Sonntag, 10.August, Landkreis Gifhorn ( Raum Meinersen – Leiderde )
  • Sonntag, 10.August, Landkreis Celle ( Raum Eschede – Scheuen – Oldendorf )
  • Dienstag, 12. August, Landkreis Lüchow – Dannenberg ( Raum Gorleben – Prezelle – Trebel )

In welchem Masse das Feuer sich zunächst punktuell und sehr bald in größeren Dimensionen auswuchs, läßt sich auch an dem Aufmarsch von Mensch und Material ablesen. Am Samstagmittag waren rund 500 Feuerwehrleute und ebenso viele Bundeswehrsoldaten im Einsatz. Am Abend des nächsten Tages waren es bereits 2000 Helfer. Am frühen Sonntagmittag gab der niedersächsische Innenminister Rötger Gross bekannt, gegenwärtig seien 7000 Menschen zur Hilfeleistung angetreten. 24 Stunden später sind weitere 1000 dazugekommen.

In der Nacht zum Donnerstag ( 14 . August ) hat sich das Kontingent schließlich auf über 13.000 Helfer  erhöht.  4000 Feuerwehrleute, 6600 Mann Bundeswehr, 1000 Mann Technisches Hilfswerk ( THW )  320 Mann Deutsches Rotes Kreuz ( DRK )  sowie viele andere freiwillige Hilfekräfte.

Viele Leute arbeiteten über mehrere Tage hinweg bis an den Rand der Erschöpfung und häufig unter großer Gefahr. Fünf Männer verunglückten ostwärts von Meinersen am 10. August 1975. Sie wurden von dem sich schnell ausbreitenden Feuer eingeschlossen. Bei den Bränden  von 1975 wurden insgesamt 8000 Hektar Waldfläche vernichtet. Ein Gesamtschaden von über  40 Millionen Mark entstand.

Die Bundeswehrsoldaten aus  den Kreisen Hannover, Salzgitter und Hildesheim rückten zuerst aus.

Mit den Bergepanzern wurden breite Schneißen in die großen Kiefernwälder geschoben, andere Helfer wurden mit Feuerpatschen an den Brandherden eingesetzt.  Oft wurde Haus und Hof  mit allen Mitteln gegen die Flammen bis zur Erschöpfung verteidigt.     

Siegerländer im Großeinsatz….

Das Panzergrenadierbataillon 13 aus Northeim wurde am Montag , den 11. August 1975 in Alarm versetzt. Unter Leitung von Hauptmann Kallweit und Hauptfeldwebel Hahn ging es noch in der Nacht in  Richtung Hannover, mit dabei auch viele Siegerländer, die in Northeim ihren Standort hatten, unter ihnen auch Gunter Schelges, Kreuztal- Littfeld und Heinrich Bruch, Netphen-Irmgarteichen.

Schon 50 Kilometer vor dem Einsatzgebiet war eine hellrote Feuerwand zu sehen. In dem kleinen Ort Habighorst wurden „wir“ alle – 150 Panzergrenadiere in einem Wiesengelände für eine Woche untergebracht.  Zelte wurden nur wenige aufgestellt. Der Schlafsack wurde zur Nachtruhe einfach am  Gartenzaun ausgebreitet. Der Einsatz forderte alle Kraft. Bodentrupps durchkämmten große Kiefernwälder. Was wir Soldaten einatmeten war oft ein Gemisch aus Sauerstoff und Qualm. Viele standen nach vorn gebeugt, weil es dann etwas leichter war. Ab und zu hielten wir die Hände in den Wasserstrahl, der aus den wenigen Schläuchen hervorschoß. Das linderte für Bruchteile von Sekunden. Wo es glimmte, loderte es von einer Stunde zur anderen erneut auf. Es war auch der Wind der uns die größte Mühe bereitete, viele Hoffnungen zerstörte, Verzweiflung auslöste und Ratlosigkeit hervorrief. Hilfe kam auch von oben. Hubschrauber flogen über entlose schwarze, verbrannte Wälder.  Vom Fliegerhorst Wunsdorf bei Hannover starteten Transall – Flugzeuge und warfen jedesmal 12000 Liter Wasser in die Flammen. 

Nach einer Woche erbittertem Kampf gegen das Feuer sahen sich die rauchgeschwärzten Soldaten  in einem Hallenbad wieder. Dort wurden Waschgelegenheiten und frische Kleidung  bereitgehalten. Die Rückfahrt nach Northeim dauerte nochmals viele Stunden. Die Gedanken an die großen Feuer kamen immer wieder auf, die Erschöpfung war bei allen noch zu spüren. Viele trugen noch Brandwunden davon, die erst später heilen konnten. Ein langes Wochenende mit 2 Tagen Sonderurlaub wurde für alle Helfer genehmigt.    

Medaille für die Hilfeleistung wurde einige Monate später  in einer Feierstunde übergeben.

Der Niedersächsische Ministerpräsident  hatte zur Erinnerung an die Hilfeleistung bei der Waldbrandkatastrophe im August 1975  eine Gedenkmedaille bereit gehalten.

In einer Feierstunde überreichte Oberstleutnant Schönfeld  wenige Monate später Urkunde und Medaille an alle Helfer.

Bildzeile:  Gemeinsames Treffen nach 45 Jahren: Gunter Schelges (li) und Heinrich Bruch erinnern sich an den gemeinsamen Einsatz.

Zwei Tage Sonderurlaub bekamen alle Helfer nach dem einwöchigen Einsatz in der Lüneburger Heide.

Fotos und Text :  Heinrich Bruch, Irmgarteichen   

                

Vor 45 Jahren: Waldbrandkatastrophe Lüneburg im August 1975

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